27.02.2019
In Guatemala City beginnt für uns ein Flugmarathon: Erst nach San José, Costa Rica, dann geht es weiter nach Bogotá und schließlich nach Leticia, einer Kleinstadt am Dreiländereck von Kolumbien, Peru und Brasilien. Insgesamt 22h Reisezeit liegen vor uns.
An der Sicherheitskontrolle lauert schon das erste Hindernis auf uns: Unser gutes Schweizer Taschenmesser, das wir nun schon durch vier Länder transportieren konnten, wird in der Durchleuchtemaschine aufgespürt. Ein sehr betagter Beamter nimmt Gastons Rucksack auseinander. Und zwar in Gänze. In aller Ruhe packt er ein Fach nach dem nächsten aus, Packing Cube für Packing Cube, Säckchen für Säckchen – alles. Was er sucht, will er uns nicht sagen und berühren dürfen wir auch nichts. Natürlich wissen wir, dass er das Taschenmesser sucht, genauso wie wir wissen, dass es ganz unten ist.
Qualvolle Minuten später, in denen Gastons Ordnung komplett den Bach runtergegangen ist, findet er es endlich. Im gleichen Täschchen sind auch die Nagelschere, der Nagelklipser und unser Campingbesteck. Seine Augen blitzen auf und er behauptet, dass wir das alles nicht mitnehmen dürfen. Jetzt wird es Gaston zu blöd. Er versucht, irgendwie wieder alles in seinen Rucksack zu bekommen und ihn als Gepäckstück aufzugeben. Der Beamte ist sichtlich enttäuscht, als er 15 Minuten später tatsächlich ohne Rucksack wieder an der Kontrolle steht. Da ist ihm seine Beute durch die Lappen gegangen!
Endlich am Gate geht es auch gleich los und wir treten den ersten Flug nach Costa Rica an. Mitten in der Nacht landen wir in der Hauptstadt. Gaston konnte seinen Rucksack nur bis San José aufgeben und daher muss er jetzt einreisen. Ich gehe gleich durch den Transit. 15 Minuten später bekomme ich eine WhatsApp Nachricht: “Emelie, komm an die Sicherheitskontrolle, es klappt nicht!” Die ganze Prozedur geht von vorne los, nur diesmal noch komplizierter: Da Gaston schon durch die Passkontrolle gelaufen ist, darf er nicht mehr zurück auf costaricanischen Boden. Wir versuchen, mehrere Beamten dazu zu bewegen, ihn durchzulassen. Vergeblich. Zum Glück finden wir eine sehr sehr nette Flugbegleiterin von unserer Fluggesellschaft Avianca, der wir das Problem begreiflich machen können und die uns tatsächlich helfen kann. Sie gibt einen unsere Tagesrucksäcke nur mit Taschenmesser und Nagelschere als Gepäck auf – wiederum nur bis Bogotá.
Mir geht es unterdessen immer schlechter, ich habe schon seit dem Morgen etwas Magenprobleme und anscheinend wird es noch schlimmer. Als um 4 Uhr am Morgen der Flieger abhebt, bin ich heilfroh, einen Gangplatz zu haben und verbringe die größte Zeit des Fluges auf der Toilette… In Bogotá wird es auch nicht besser – Fliegen mit Magen-Darm ist echt kein Spaß, das steht fest. In Bogota haben wir 6h Aufenthalt und können auf einer Bank ein wenig Schlaf finden. Ich will einfach nur ankommen und mich ins Bett legen.
Geschwächt im Flugzeug...
...und auf der rettenden Bank in Bogotá
Gegen Mittag heben wir zu den letzten 1 ½ Stunden Flugzeit nach Leticia mitten im Amazonasregenwald ab. Kurz vor der Landung informiert uns der Kapitän: Das Flugzeug vor uns hat vier Mal versucht, in Leticia zu landen und musste schließlich wieder umkehren. Es hatte gerade heftigst geregnet und die Landebahn ist wohl völlig überschwemmt. Ich fange fast an zu Weinen. Bitte nicht wieder zurück nach Bogotá! Wir schicken Stoßgebete zum Himmel und haben Erfolg. Als wir landen, spritzt das Wasser fontänenartig zu beiden Seiten des Flugzeuges hoch, aber der Kapitän landet das Flugzeug sicher. Die Erleichterung ist im ganzen Flieger zu spüren und es gibt spontanen Beifall. Mir kommen Tränen der Erlösung – der Albtraum ist fast vorbei!
Der Flughafen in Leticia ist kaum als solcher zu bezeichnen. Ein Drogenspürhund schnuppert einmal kurz an jedem Rucksack – das wars. Wir entrichten eine saftige Tourismusgebühr und können sparen, weil wir nur US-Dollar haben. Als wir gerade gehen wollen, fällt Gaston auf, dass er seine Mütze im Flugzeug vergessen hat. Er spricht ca. 5 Leute des Personals an, aber es passiert nichts und nochmal einsteigen darf er nicht. Als schon die neuen Passagiere im Flugzeug sitzen, bemerkt eine Stewardess nur schnippisch, dass das Handgepäck schließlich unter unserer eigenen Verantwortung stehe. Danke sehr! Solche Tage gehören wohl auch zu einer Weltreise…
Noch mit Mütze und guter Laune...
Das letzte von vier Flugzeugen
Draußen schnaufen wir an den wenigen übriggebliebenen Taxifahrern vorbei, zu unserem Hostel “Casa de las Palmas“ sind es nur einige Minuten. Endlich, nach nunmehr 22 Stunden kommen wir an, bekommen ein schönes Zimmer und springen erstmal in den Pool, um uns abzukühlen. Nach einem kleinen Powernap in der Hängematte geht es mir etwas besser und wir wollen nochmal kurz in die Stadt, um Geld abzuheben.
Die Straßen sind nur festgetretene Erdwege, die durch den Regen vollkommen vermatscht sind. Jedes zweite Gebäude scheint in der kleinen Grenzstadt militärisch zu sein und an jeder Straßenecke gibt es ein besetztes Wachhäuschen. Der Spaziergang erweist sich als keine brillante Idee für mich und ich übergebe mich ziemlich peinlich genau vor einem Wachposten ins Gebüsch. Den Rest des Tages verbringen wir in der Hängematte. Was für eine Reise – nicht nachmachen!