Drei Tage in Singapur
Warning: Death for Drug traffickers by law steht in leuchtend roten Buchstaben auf unserer Arrival Card. Daneben eine lange Liste von Einfuhrverboten: Tabak, Alkohol und Kaugummi. Kein Mythos sondern Gesetz also. Wir stehen kurz vor der Landung in Singapur – Land der Restriktionen, Prügelstrafen und Superlative. Singapur stellt man sich immer irgendwie reinweiß vor, klinisch sauber, geordnet und glänzend.
Wir kommen am Flughafen an, einem der modernsten unseres Planeten natürlich. Als wir völlig übermüdet aus dem Gangway treten, fallen wir fast in ein riesiges Orchideenbeet. Sanfte Dudelmusik empfängt uns. Ob man hier auf dem Boden liegen darf?, fragen wir uns auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen. Fündig werden wir neben dem öffentlichen Kino. Ja, hier liegen tatsächlich vereinzelt ein paar Asiaten auf ihrem Gebetsteppich. Es läuft ‚Fluch der Karibik‘, je zwei Sessel sind mit einer Trennwand in Filmrollengestalt abgetrennt.
Um 8 Uhr fühlen wir uns fit genug für die Einreise. Wir haben 5 kubanische Zigarren im Gepäck, ja, immer noch… Es gibt kein Deklarationsblatt, das kann ja heiter werden. Die Einreise dauert ziemlich lang, unser Officer ist so um die 70 Jahre, spricht offenbar kein Englisch und kommuniziert mit Händen und Füßen. Jetzt kommt die Zollkontrolle. Unsere Rucksäcke fahren durch die Röntgenmaschine. „Have a nice stay!“, meint der Zöllner und öffnet uns die Tür, während es uns innerlich die Fragezeichen raushaut.
94% Luftfeuchtigkeit und 32°C machen uns auf dem Weg zu unserem Hostel fertig. Wir schlafen in einem Spacepod, so einer abgefahrenen Schlafkapsel mit Strompaneel und blauer LED-Beleuchtung. Wir dürfen sogar das Frühstücksbuffet wahrnehmen und machen uns nach dieser Stärkung auf zur Sentosa Island, der „Erholungsinsel“ der Singapuraner.
Das Naherholungsgebiet Singapurs liegt auf einer kleinen vorgelagerten Insel, die künstlich erweitert wurde. 4$ Eintritt, dann wird man mit einer Monorailbahn auf die Insel gebracht. Gigantische Themenparks, Attraktionen und Luxus-Hotels mit grauen Fassaden reihen sich aneinander. Und doch finden wir sie irgendwie so gar nicht schön. Vielleicht liegt es auch daran, dass es bei unserem Besuch 35°C hat und die Insel völlig überfüllt ist: Es ist Hari Raya Aidilfitri, das Fest des Fastenbrechens und eines der wichtigsten Daten im Islam.
Wir legen uns in aufgeschütteten indonesischen Sand am Ufer. Das Wasser ist badewannenwarm, gräulich und schmeckt nach Salz und Öl. Die dekorativen Steine um uns herum sind aus Pappmache. Wenige Kilometer vor uns lagern riesige Tanker vor dem Hafen. Hier glänzt nichts.
Am zweiten Tag feiern wir 4 Monate Weltreise, doch irgendwie lässt uns die Technik im Stich: Unser Blog wurde zwischenzeitlich gesperrt und mitten in einem Hindutempel in Little India gibt die Speicherkarte in der Kamera auf. Stundenlang versuchen wir verzweifelt, die Karte zum laufen zu kriegen, aber die Bilder und Videos von unserem Stopover in Sydney (und die des Vortages auf Sentosa Island) sind weg.
Mit indischem Essen in einem kleinen Food Court der Einheimischen trösten wir uns über den schmerzlichen Verlust hinweg. Nichts ist klinisch sauber, nichts reinweiß, einfach nur asiatisch. Gegen Abend fahren wir mit der Metro zum berühmten Marina Bay Sands und den Gardens by the Bay. Die Metro fährt leise und glänzt, die Sitze sind reinweiß, klinisch sauber. Die adrett gekleideten Menschen folgen geordnet den Pfeilen auf dem Boden. Über uns ragen die drei Hoteltürme mit ihren 55 Stockwerken des berühmten Resorts in die Höhe. Hier sind wir in dem Singapur, das man so erwartet.
Der schick angelegte Weg durch den riesigen Garten mit den Supertrees und den beiden großen Gewächshäusern gleicht einer Autobahn. Wir bereuen etwas, die Tickets für den Waterfront Garden und den Flower Dome schon gekauft zu haben und stellen uns in die lange Schlange. Auch in den Glashäusern ist es voll und wir schieben uns durch die beiden – für uns mittelmäßig gestalteten – Attraktionen. Naja, das fällt in die Kategorie „muss man gemacht haben“. Nach Einbruch der Dunkelheit gibt es eine Lichtshow an den Supertrees und ein Wasserspektakel vor dem Marina Shopping Center. Abends wirken die funkelnde Skyline, der Marina Bay Komplex und das ArtScience Museum in Form einer Lotusblüte natürlich noch beeindruckender!
Am dritten und letzten Tag unseres Aufenthalts im Stadtstaat Singapur schüttet es bis spät in den Nachmittag, sodass ein Besuch des botanischen Gartens leider keinen Sinn macht. Die Restaurantbesitzer nutzen die Gelegenheit und befördern mit großen Wischmopps den Dreck, den Müll und die Speisereste unter ihren Plastiktischen in die Kanalisation. Nichts ist reinweiß oder klinisch sauber. Das einzige, was hier glänzt, ist das Regenwasser, das rund um unser Hostel in den tiefen Schlaglöchern der Straßen steht. Vom Ruf, der Singapur weltweit vorauseilt, ist außerhalb des schicken Banken- und Hotelviertels nichts zu spüren. Gar nichts.
Unser Fazit: Singapur ist nicht (nur) das, was man erwartet. Es ist mehr – da ist das wunderschöne Little India, in dem Hindu- und chinesiche Shentempel direkt nebeneinander stehen, da sind die kleinen schmuddligen Food Courts im Erdgeschoss der Skyscraper, in denen das Curry umgerechnet einen Euro kostet. Singapur ist nicht nur schick, aber dennoch wunderbar. Unsere Erwartungen eines müllfreien, durch und durch schicken und modernen Stadtstaates wurden jedoch irgendwie enttäuscht!